„Ein Licht am Ende des Tunnels bleibt!“

Niederbayerischer Festivalklassiker erneut im Corona-Lockdown

Weigendorf. (ko) Eigentlich wäre es wieder so weit: Das Open Air stünde ins Haus und tausende von
Fans weit über den niederbayerischen Raum hinaus strömten nach Weigendorf. Doch auch 2021
müssen wir im Konjunktiv bleiben! Nach dem Vorjahr fällt auch das diesjährige Open Air ins Wasser.
Und um im Bild zu bleiben: Die dritte Coronawelle hat das Kultevent regelrecht weggespült! Das
dritte Juli-Wochenende wird auch heuer nicht das gleiche sein, wie all die Jahre bis 2019.
Wie die Gemeinde bereits vor Wochen mitgeteilt hat, dürfen noch keine Großveranstaltungen, sprich:
Massenzusammenkünfte, stattfinden (Wembley lässt grüßen!).
Verständnis für die Absage
Doch die Veranstalter haben volles Verständnis für die derzeitigen Regelungen. Einer der Vorstände,
Christian Selmannsberger, meint dazu: „Natürlich sind wir alle enttäuscht, dass das Festival schon
zum zweiten Mal in Folge nicht stattfinden kann, aber die Gesundheit und die Sicherheit aller gehen
vor. Für Weigendorf wird es der zweite „komische Sommer“, in dem kein OA stattfindet.“ Doch man
ist optimistisch: „Licht am Ende des Corona-Tunnels bleibt dennoch – das nächste Open Air
Weigendorf solltet ihr euch für den 15. & 16. Juli 2022 in eure Festivalplaner eintragen!“ Und wir
nützen diese Open-Air-lose Zeit zu einem kleinen Resümee. Es gäbe viel zu schreiben, also
beschränken wir uns auf ein paar Details.
Die Anfänge
Angefangen hat alles 1979 mit einer improvisierten Bühne bestehend aus zwei Traktor-Anhängern auf
der Liegewiese des Weigendorfer Freibades. Gerade einmal drei Bands waren es, die an einem
Junisamstag spätnachmittags hier performten. Wer kann sich noch an die Namen erinnern? „First
Dream“, „Agora“ und „Overdose“ waren es. Als Veranstalter firmierte die Jugendinitiativgruppe
Weigendorf und die jungen Leute gingen gehörig ins Risiko: Bei einem Misserfolg hätten alle
gemeinsam das Defizit zu tragen gehabt. Dafür wurde nach dem erfolgreichen ersten OA ein
Spanferkel gegrillt und der Reinerlös für einen karitativen Zweck gespendet. Dieser
Spendenbereitschaft sieht man sich bis heute verpflichtet. Und auch Fortuna ist dem IBV bis heute
treu geblieben! In den nächsten Jahren gehörte dann die Liegewiese beim Freibad zunächst noch im
Juni, dann, ab Mitte der achtziger Jahre, am dritten Juliwochenende sehr zum Leidwesen der
Badewilligen den Open Air Fans. Und diese wurden mit den Jahren immer mehr. Es kam, wie es
kommen musste: Die Wohnbebauung rund um das Open Air Gelände nahm zu, die Parkplätze wurden
immer weniger. Dafür stiegen im umgekehrten Verhältnis die behördlichen Auflagen. Die
zunehmende Zahl von Fans wollte mit Speis und Trank versorgt werden; die Lärmbelästigung und
mehrere tausend Fans inmitten der Wohnsiedlung waren ein weiteres Problem, auch spielte das Wetter
nicht immer mit. Die Liegewiese blieb oftmals über Tage hinweg nicht oder nur zum kleinen Teil
benutzbar, auch wenn die Verantwortlichen diese am Sonntag immer beispielhaft sauber machten! Zu
Beginn des neuen Jahrtausends (2003) zog man ans andere Ende des Dorfes um: auf die Huber-Wiese
an der Bergstraße. Doch auch hier fand man keine Dauerlösung, denn das OA hatte sich mittlerweile
zu einem echten Klassiker in der südbayerischen Festivallandschaft entwickelt; 5000 Fans waren keine
Seltenheit mehr! 2013 hatte man schließlich den idealen Platz gefunden, wo weder Spaß an lauter
Musik noch cooles Relaxen und zünftiges Feiern bis in die Morgenstunden stören – das heutige
Festivalgelände an der DGF 8 bei Göttersdorf.
Ein breites musikalisches Spektrum
Bestand das Lineup zunächst nur aus lokalen und befreundeten Bands, so konnte man sich im Laufe
der Zeit das eine oder andere nationale und auch internationale „musikalische Schwergewicht“ leisten!
Die Bands kommen mittlerweile aus den verschiedensten Ecken Deutschlands und Europas,
beispielsweise aus Österreich, der Schweiz, Finnland, Slowenien, Ungarn, Italien, Schottland, Irland
und 1989 mit „Pankow“ gar aus der damals noch „real existierenden DDR“. Viele überzeugten und
schafften es mehrmals auf die Festivalbühne. Spontan fallen einem da der Hanse Schoierer, Gsindl,
Fiddlers Green und natürlich Dicht & Ergreifend ein. Letztere haben in Weigendorf vor garantierten
5.000 Fans immer ein Heimspiel! Will man die musikalische Stilrichtung beim OA verorten, dann tut
man sich schwer. Über die Jahre hinweg finden sich Elemente von Punk’n’Roll, Post Hardcore, Rock,
Ska, Tech House, Indie Rock, Techno, Deep House, Folk Punk, HipHop, Punk Rock, Alternative

Rock, Western Metal, Deep Techno, Irish Folk und, nicht zu vergessen, den guten alten und
unverfälschten Hard Rock! Und dann gibt es da noch den Weißwurstfrühschoppen mit Blasmusik!
Das Erfolgsgeheimnis
Die Musik ist aber nur ein Element, zugegeben ein nicht ganz unwichtiges! Doch zu einem Open Air,
welches sich über vier Jahrzehnte nicht nur etabliert hat, sondern kontinuierlich Fans gewinnt, gehört
mehr! Die Verantwortlichen sehen das Erfolgsgeheimnis des Festivals vor allem in der einzigartigen
Struktur und dem Zusammenhalt im Verein, der hinter dem ganzen Festival steckt: dem IBV
Weigendorf mit seinen mehr als 200 Mitgliedern. Denn es bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung:
Die Abhaltung eines OA ist mehr denn je mit viel Arbeit verbunden: „Alles wird ehrenamtlich und aus
Freude an unserem schönen Open Air bewältigt, um unseren Besuchern ein einmaliges Wochenende
zu bereiten. Deshalb ist die Mitarbeit jedes einzelnen Mitglieds des IBV unbezahlbar und wir sind sehr
froh über diesen generationenübergreifenden Zusammenhalt. Dies ist seit jeher das Prinzip des IBV –
damals wie heute!“ Auch die Unterstützung der Weigendorfer, die nicht „offizielle IBV Mitglieder“
sind, aber genauso dazugehören, und der beiden anderen Ortsvereine ist großartig und nicht
wegzudenken.“
Mittlerweile ist, bis auf wenige Ausnahmen, bereits die „zweite Generation“ am Werkeln. Und wie
könnte es auch anders sein – die OA-Begeisterung ihrer Väter und Mütter wurde ihnen quasi in die
Wiege gelegt. Geblieben ist der übergreifende Zusammenhalt. Und just dieses Zusammenhalten und
Zusammenhelfen hob auch Loichings Bürgermeister Günter Schuster, selbst IBV-Mitglied, als
Laudator hervor, als der IBV Weigendorf im Jahre 2014 mit dem Kulturförderpreis des Landkreises
ausgezeichnet wurde.
Es ist deshalb müßig, nach Namen zu suchen, die hinter dem Erfolg stehen. Aber einer soll es dann
abschließend doch sein: Albert Selmannsberger, jetziger Ehrenpräsident, Ehrenvorstand und
Ehrenmitglied. Er trug in folgenden Funktionen Verantwortung: 15 Jahre Bandbooking, 16 Jahre
Präsident, 19 Jahre Vorstand, 41 Jahre Ausschussmitglied und natürlich Gründungsmitglied. Laut
Bürgermeister Schuster hat er dem IBV in all den Jahren die notwendige Struktur gegeben. Und was
meint der „Ehrenpräse“ selbst dazu? „Es ist in den vierzig Jahren viel passiert. Wir haben uns im
Rahmen unserer Möglichkeiten stets weiterentwickelt. Wir haben angesichts unseres Erfolges offenbar
nicht viel falsch gemacht!“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.